Rauchen gestern und heute: Eine Kulturgeschichte des Tabakkonsums.

In den letzten 500 Jahren hat kaum ein anderes Genussmittel einen so extremen Imagewandel erfahren, wie der Tabak: vom Heil- zum tödlichen Genussmittel. Würde die Zigarette heute erfunden, würde sie wahrscheinlich gar nicht erst zugelassen – dafür sorgen die mannigfaltigsten „Nichtraucherschutzgesetze“, die entweder die Raucher, oder halt die Nichtraucher zum (nicht) Rauchen vor die Tür schicken.

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Ein bisschen Historie

Die ersten Raucher waren die Götter. Mit einem Blitz geben sie sich Feuer, die Wolken sind der Rauch, Sternschnuppen die weggeschnippten Kippen. So überliefern es jedenfalls die Mayas in ihrer Schöpfungsgeschichte. Doch auch die wissenschaftlich bezeugte Geschichte des Rauchens beginnt in Amerika. Vor vielen Jahrhunderten fingen die Ureinwohner des Doppelkontinents an, die Tabakpflanze zu trocknen, in Blätter zu rollen oder in Röhrchen aus Stein, Ton oder Holz zu stopfen, um das Ganze dann anzuzünden und den Rauch einzuatmen.

Mit den Göttern im Bunde sind auch die in Nordamerika siedelnden Indianer: Sie benutzen die heilige Pfeife – berühmt geworden als Friedenspfeife. Der Tabak wurde von den amerikanischen indigenen Völkern meist och für andere rituelle Zwecke benutzt: getrocknete Blätter verschiedener Kräuter und natürlich auch der Tabakpflanze, wurden entweder verbrannt, gekaut oder geschnupft.

In Europa wurde der Tabak erst durch die fehlgeschlagene Indienreise Christoph Kolumbus‘ und anderen frühen Eroberern des 16. Jahrhunderts bekannt. England setzt mit der Pfeife Ende des 16. Jahrhunderts einen neuen europäischen Trend, es gibt „smoking parties“ für die vornehme Oberschicht, und es entstehen erste Raucherlokale. Während des Dreißigjährigen Krieges zogen viele spanische, portugiesische, englische und niederländische Söldner durch die deutschen Landen gezogen – die natürlich auch geraucht haben. Und die Deutschen haben’s nachgemacht. Soweit, so gut. Aber schon damals gab es Kritiker und „Empörer“.

Das erste Rauchverbot stammt aus dem 17. Jahrhundert

Schon damals gefiel nicht allen, dass manche Menschen rauchten. Könige und Landesfürsten erließen Rauch- und Tabakverbote (schmökten aber vermutlich selbst lustig weiter…). Den Anfang macht dabei mal wieder – wie könnte es anders sein – die katholische Kirche mit ihrer „Bulle Cum Ecclesia“ im Jahr 1642. Es ist das erste generelle Rauchverbot in Europa und droht jedem mit Exkommunikation, der dem Laster verfallen sollte. Doch all diese Verbote verpufften und man schwenkte um und die Landesfürsten begannen, den Tabakkonsum auf staatlichem Weg zu kontrollieren, sich am Tabakhandel zu beteiligen und ihren Teil davon abzukassieren.

Ein deutsches Gesetz jedoch bleibt bis weit ins 19. Jahrhundert bestehen: das Verbot, auf Straßen und öffentlichen Plätzen zu rauchen. Die Franzosen waren schon damals und auch beim Thema „Rauchen“ etwas Besonderes, denn bei ihnen war das Tabakschnupfen wesentlich beliebter als das Inhalieren. Und da Frankreich, seine Kultur und seine Moden im 18. Jahrhundert als stilbildend galten, wurde es für Männlein und Weiblein schick zu schnupfen. Doch Moden waren auch damals schon vergänglich: Anfang des 19. Jahrhunderts wurde Tabak wieder geraucht, und zwar vorwiegend in Form von Zigarren, die die Spanier aus ihrer Kolonie Kuba übernommen hatten. Das aufkommende Bürgertum entdeckt das Rauchen für sich.

Rauchen war zunächst Männersache

Das Rauchen bekam ein Imageproblem, die Geruchsbelästigung wurde immer häufiger thematisiert. Immer mehr Mediziner bezweifelten die heilende Wirkung des Tabaks und als 1828 das Nikotin entdeckt wurde, war der Beweis erbracht, dass der Tabak ein gefährliches Nervengift enthält. Doch jetzt bekam das Rauchen einen revolutionären Anstrich. 1848 gehörte das Recht aufs Rauchen zu den politischen Forderungen der März-Revolutionäre. Und zumindest hier ist die Revolution erfolgreich: Nach und nach wird das Rauchen in der Öffentlichkeit erlaubt. In bürgerlichen Kreisen allerdings gelten bestimmte Anstandsregeln: In England zum Beispiel sollte der Mann nicht in Gegenwart einer Dame rauchen.

Überhaupt war das Rauchen eine Männer-Angelegenheit. Das änderte sich erst mit dem Aufkommen der Zigarette. Wie und wo die Zigarette erfunden wurde, lässt sich nicht mehr genau feststellen. Die Spanier sollen Tabakreste bei der Zigarrenherstellung zu Zigaretten verarbeitet haben, und die Türken sollen während des Krim-Krieges 1833 bis 1856 Tabak in Munitionspapier gewickelt haben. Parallel zur Industrialisierung Europas fand die Zigarette immer mehr Anhänger, um Anfang des 20. Jahrhunderts die Zigarre als wichtigstes Rauchutensil abzulösen.

Die Zigarette galt von da an als modern, schick und innovativ. Sie war billig, bot kurzfristige Abwechslung und Ablenkung – die „Zigarettenpause“ entstand. Geraucht wurde fortan quer durch alle Gesellschaftsschichten. Männer wie Frauen griffen zur Zigarette. Und dann, im ersten Weltkrieg, natürlich wieder verstärkt die Soldaten. Das Rauchen wurde damals sogar staatlich gefördert, denn jeder deutsche Soldat bekam aufgrund einer Verfügung des preußischen Kriegsministeriums täglich zwei Zigaretten und zwei Zigarren zugeteilt.

Für viele Historiker spielen Kriege eine ganz wichtige Rolle bei der Ausbreitung des Tabakkonsums, denn Tabak wirkt beruhigend und gleichzeitig anregend. Man kann (oder bildet sich zumindest ein, dass es so ist) mit Rauchen Stress bewältigen,  Hunger unterdrücken, und die Konzentration zu einem gewissen Punkt fördern. Praktisch, das – und zwar in Kriegs- wie in Friedenszeiten! Auch in der Literatur, in Filmen und in der Werbung wird die Zigarette als Symbol der Verführung eingesetzt, mit der Zigarettenspitze als erotisches Accessoire – man denke nur an die manchmal androgyn erscheinende, manchmal äußerst lasziv-weibliche rauchende Marlene Dietrich!

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Doch die Zeit des sorglosen Rauchens dauerte nur kurz – unter den Nationalsozialisten galt das Rauchen als zerstörerisch, es zersetze den deutschen Volkskörper, hieß es. Ab 1938 traten Rauchverbote in öffentlichen Gebäuden in Kraft. Den Soldaten im Zweiten Weltkrieg wurden allerdings wieder Zigaretten zugeteilt. Nach dem Krieg war alles anders, auch was das Rauchen betrifft. Die bislang weit verbreitete Orient-Zigarette verlort rapide an Marktanteil. Es setzte sich vor allem die von den amerikanischen Soldaten eingeführte American-Blend-Zigarette durch.

Geraucht wurde im Deutschland der 1950er und 60er Jahre einfach überall, auf den Straßen und Plätzen, in Bussen und Bahnen, in Fabriken und Büros, zuhause und in Restaurants und Kneipen. Das Rauchen wurde als gesellschaftliche Konvention abgebildet, sowohl in privaten oder politischen  Männerrunden, oder auch gerne im Film (kein „Derrick“, in dem nicht gequalmt und übrigens auch gerne mal ein Schlückchen gekippt wurde!) – immer stand der volle Aschenbecher in der Mitte. Je mehr Zigarettenstummel, desto fleißiger die Privatiers, die Politiker oder Kriminalkommissare. Und auch bei den Frauen gehörte es allmählich zum „guten Ton“, zum Alltäglichen – ein erster Ansatz von Gleichberechtigung?!?

Vom coolen Trend zum Gesundheitsrisiko

Doch diese Zustände änderten sich recht bald. Spätestens 1964, mit Erscheinen des „Terry-Reports“ ist der Beweis erbracht, dass Rauchen das Risiko für Lungenkrebs erhöht. Die Zigarettenhersteller leugneten diesen Zusammenhang, verringerten aber mehr oder weniger heimlich die besonders krankmachenden Inhaltsstoffe. Sogenannte „leichte“ Zigaretten wurden auf den Markt gebracht, die damit warben, aromareich im Geschmack, aber im Rauch nikotinarm zu sein. Man sollte mit gutem Gewissen Rauchen dürfen, so die unterschwellige Aussage.

Doch Warnungen von Medizinern und steigende Krankheitszahlen bei Rauchern führten dazu, dass in Deutschland ab 1975 Zigarettenwerbung im Fernsehen und im Radio verboten wurde. Trotzdem ging der Konsum kaum zurück. Erst als die WHO 1993 konstatierte, dass Rauchen abhängig macht, änderte sich das. 1999 musste auch die Zigarettenindustrie zugeben, dass Rauchen gesundheitsschädlich ist. Bewiesen ist inzwischen, dass die Zigarette mehr als 40 krebserzeugende Stoffe enthält, insgesamt sind es mehr als 5.300 mehrheitlich giftige Substanzen, die auch noch miteinander in chemische Wechselwirkung treten und sich teilweise gegenseitig verstärken. 2006 wurde das Rauchen deutschlandweit in öffentlichen Gebäuden verboten. Eins dürfte klar sein: Würde die Zigarette heute erfunden, sie würde wahrscheinlich gar nicht erst zugelassen.

Alternativen zum Tabak?

Wer mit dem Rauchen aufhören will, bekommt inzwischen von verschiedenen Seiten umfangreiche Hilfe. Am wirkungsvollsten ist die Schlusspunkt-Methode, also das Aufhören von heute auf morgen. 70 Prozent derjenigen, die mit dem Rauchen aufgehört haben, haben es auf diese harte Weise geschafft. Hilfsmittel wie Nikotinpflaster oder -kaugummi kommen dagegen nur auf eine Erfolgsquote von vier bis sechs Prozent.

Seit ein paar Jahren gilt unter Rauchern und Ex-Rauchern die elektronische Zigarette, also die E-Zigarette, als hilfreicher Ersatz. Diese soll, so man dem britischen Gesundheitsministerium Glauben schenken will, um rund 95% weniger schädlich sein, als die Verbrennungszigarette. Auch hier auf Kreta konnte man vor 3-4 Jahren jede(n) Zweite(n) mit einer E-Zigarette rumlaufen sehen – dieser Trend hielt sich ziemlich genau 2 Jahre lang. Heute sieht man fast niemanden mehr mit diesem dampfenden Kolben unter der Nase – entweder die Leute haben komplett mit dem Rauchen aufgehört, oder sind wieder zur traditionellen Fluppe zurückgekehrt. Und dass diese E-Zigaretten hin und wieder auch gerne mal explodieren, wird nachträglich auch gerne mal unter den Teppich gekehrt….

Die Zukunft des Rauchens

Nun, wie sieht das in der Zukunft aus? Eine heile Welt ohne jeglichen Nikotin-Konsum? Dafür pfeift man sich dann synthetische (aber immerhin nicht qualmende) Drogen rein und schädigt sich und seinen Körper weit mehr, als durch eine Fluppe zwischendurch? Oder nimmt der Reiz des „traditionellen Rauchens“ vielleicht sogar zu – weil dermaßen geächtet?  Vielleicht wollen sich gewisse Charaktere und Figuren durch das demonstrative Zigar(ett)en-Rauchen gerade wieder ganz bewußt in Opposition zum allgegenwärtigen Wellness-Wahn und Gesundheits- und Körperkult positionieren? Man wird sehen – und bei einem Tässchen Tee und einer gemütlichen Zigarette, Zigarre oder Pfeife einfach abwarten, wie sich das alles so entwickelt. Politik und Industrie können ob der exorbitanten Steuereinnahmen sicher nicht wirklich etwas gegen Raucher haben….

Und zum Thema Charaktere: kann sich jemand Winston Churchill ohne Zigarre, Sherlock Holmes ohne Pfeife oder Helmut Schmidt ohne Zigarette vorstellen?

Aber auch Shisha & Co. erfreuen sich zunehmender Beliebtheit – dazu schaut Ihr Euch gerne mal auf https://www.rauchgenuss.de um. Alleine rauchen war und ist halt einfach doof!

 

 

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