Essen/Vistonas. Urlaub verpflichtet – so denkt und fühlt jedenfalls Andrea Multhaupt-Meckel. Die Essenerin fuhr erstmals in den 70ern nach Griechenland, verliebte sich Hals über Kopf in das Land, kehrte hundertmal zurück, lernte die Sprache, studierte die Kultur, und konnte dann einfach gar nicht anders, als in die Bütt zu gehen, als die Krise kam und Hellas in den Würgegriff nahm. Geburtsstunde des Vereins „Partner für Korfu“.
Für Korfu hat sie sich aus gutem Grund entschieden: Dort hat sie zuletzt stets die Ferien verbracht und beruflich Seminare gehalten, dort kennt sie sich aus, dort hat sie viele Kontakte. „Es waren Nachbarn oder Freunde auf der Insel, von denen ich hautnah erfuhr, wie sich so eine Krise auf das Leben auswirkt.“ Die steten Rentenkürzungen, die Arbeitslosigkeit (bei Jugendlichen 68 Prozent), die radikalen Streichungen im Gesundheitswesen. „Wenn man erlebt, dass Freunde, die ihr ganzes Leben hart gearbeitet haben, sich jetzt plötzlich die Herzmedikamente nicht mehr erlauben können, dann…“
Dann muss man was tun. Sie suchte Unterstützer und fand sie. Der Verein wuchs schnell auf 35 Mitglieder, auch aus der Schweiz, Österreich, viele aus dem Rheinland. „Viele, die Korfu aus dem Urlaub kennen, aber auch Griechen sind dabei.“ Das ist ihr wichtig. Sie will die Menschen auf Korfu nicht zu Hilfsempfängern degradieren: „Wir tun das aus Wertschätzung und Freundschaft.“
Groß sind die Aufgaben, klein die finanziellen Möglichkeiten. Mitglieder zahlen 60 Euro im Jahr. Da müssen Spenden her und Ideen. Und die Hilfe muss gezielt geleistet werden. „Wir unterstützen zum Beispiel den Verein ‘Das Lächeln des Kindes’, der in Magoulades ein privates Kinderheim unterhält. Die bekommen keine Unterstützung vom Staat.“ Der Verein hilft mit Lebensmitteln und Sachspenden. „Da hilft es schon, wenn man mal eine Ladung Obst und Gemüse vorbeibringt.“
Schlimm ist die Situation in den Altenheimen. Andrea war gerade auf Korfu: „Ein Mitarbeiter für 38 pflegebedürftige Alte, da gibt’s keinerlei Unterhaltung, keine Spiele, keinen Spaziergang, nichts, sogar der Fernseher im Aufenthaltraum war kaputt.“ Da hat sie schnell helfen können und mit Vereinsmitteln einen neuen Apparat besorgt.
Weiterer Punkt: die Familienhilfe. Über Freunde auf Korfu erfährt der Verein von besonders Bedürftigen. Dann werden Hilfspakete mit Lebensmitteln, Medikamenten ober Babynahrung geschnürt.
Ein Fall macht Andrea gerade besonders zu schaffen. Dimitris und Haris sind Zwillinge aus Korfu, beide acht Jahre alt und an Morbus Wilson erkrankt, einer seltenen, lebensgefährlichen Krankheit. Die Mutter der Jungs ist tot, der Vater weiß nicht, wie er die Behandlung bezahlen soll, zum Beispiel die Flüge zur Reha nach Athen. Der Verein sucht nun für ihn nach Paten.
Und generell nach Unterstützung. Eine originelle Variante: „Die griechischen Wirte hier bei uns wollen wir um Hilfe bitten. Die könnten doch Gyros oder Pommes mit einem kleinen Solidaritätsaufschlag anbieten. 30 Cent mehr, oder 50. Auf freiwilliger Basis. Da kann jeder helfen, der will.“
Kompliziert ist die Logistik. Transporte sind teuer. Der Verein sucht deshalb auch Urlauber, die mit Auto, Wohnmobil oder Transporter Richtung Korfu fahren und sich vorstellen können, mal zwei, drei Kisten mitzunehmen. Nach dem Motto: Urlaub verpflichtet…
Matthias Maruhn
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